Tauchen ohne Sauerstoffgerät hat eine lange Tradition. Perlen, Schwämme, Langusten locken Berufsfischer seit jeher in die Tiefe, bis zu 30 m und mehr. Apnoisten sind anders, extremer. Entschlossener. Sie steigen mehr als 200 m tief, vollbringen Höchstleistungen unter Wasser. Körperlich wie geistig. Manch einer taucht 11 Minuten lang mit einem einzigen Atemzug. Warum sie das tun? Aus Sportsgeist. Für Ruhm & Ehre, Weltrekorde. Und für fantastische Begegnungen in den Tiefen der Meere. Vor allem mit sich selbst.

Disziplinen

 

Mit einem einzigen Atemzug in die Tiefe – Apnoisten tauchen grundsätzlich ohne Pressluftflaschen mit künstlichem Sauerstoff, nur mit der Luft in ihren Lungen. Auch deshalb spricht man von Freitauchen. Dabei messen sie sich bei offiziellen Wettkämpfen in drei Tieftauch-Disziplinen. (1) Beim Tauchen mit konstantem Gewicht geht es lediglich mit Flossen „bewaffnet“ in die größtmögliche Tiefe und wieder zurück. (2) Beim Tauchen mit variablem Gewicht rauschen Apnoisten mit bis zu 30 kg schweren Tauchschlitten in die Tiefe und tauchen ohne ihn an einem Seil entlang wieder auf. (3) Beim No-Limit-Tauchen geht’s mit beliebig schweren Schlitten runter und mit Hilfe eines Hebeballons wieder hoch. Trainiert wird im Freiwasser, vor den schönsten Küsten der Welt. Oder aber im Pool.

Training

Das Eintauchen ins Ich – Apnoe (auf griechisch Ápnoia übersetzt „Nicht-Atmung“) ist die Kunst, den natürlichen Atemreiz im Schach zu halten, ihn durch mentale Stärke entspannt zu ignorieren. Das kann gefährlich werden, weshalb man immer zu zweit tauchen sollte. Mindestens. Durch intensives Konditionstraining und gezielte Atemtechniken gelingt es Apnoisten, ihr Lungenvolumen voll auszuschöpfen und ihren Pulsschlag sowie Sauerstoffverbrauch deutlich zu senken. Beim Tieftauchen müssen sie zudem den Druckausgleich beherrschen. Entscheidend aber ist nicht zuletzt die Einstellung und Leidenschaft, mit der Apnoisten große Tiefen erreichen: Die Freude auf die Stille des Meeres, auf die unendlichen Räume des Ozeans.

Weltrekorde

Alles ohne Sauerstoffflaschen – Apnoe-Wettkämpfe im Pool- und Tieftauchen erfolgen nach den Regeln des AIDA, dem größten internationalen Verband für Apnoe-Wettkämpfe. Zur offiziellen Anerkennung der Leistungen sind bestimmte Bedingungen und Sicherheitsstandards einzuhalten. Demnach hält Stéphane Mifsud seit 2009 den Weltrekord im Zeittauchen mit 11:35 min. Giorgios Panagiotakis und Mateusz Malina teilen sich seit 2016 den Strecken-Weltrekord mit 300 m. William Trubridge schaffte es 2016 vor den Bahamas mit konstantem Gewicht auf 124 m Tiefe. Und der Österreicher Herbert Nitsch hält mit 214 m den Weltrekord im Tieftauchen mit variablen Gewicht schon seit 10 Jahren! (Stand Mai 2017)

Legenden

Die besten Freitaucher der Welt – Zu allererst Enzo Maiorca, der Apnoe-Pionier. Der Sizilianer war 1960 der erste Mensch, der die 50-Meter-Marke knackte. Der König der Tiefe kannte keine Grenzen, wollte immer weiter hinab und stellte dabei 13 Weltrekorde auf. No-Limit-Tieftauchen war seine Spezialität. Sein persönlicher Tiefenrekord von 101 m gelang ihm mit 57 Jahren. Dann Jacques Mayol, schon zu Lebzeiten ein Mythos. Der Franzose (1927 – 2001) erreichte 1976 als Erster eine Tiefe von 100 m und erzielte mehrere Weltrekorde. Mayols faszinierendes Leben und dessen Wettstreit mit Enzo Maiorca inspirierte Luc Besson zum Film „Im Rausch der Tiefe“. Und schließlich der Beste: Umberto Pelizzari. Der Italiener (geb. 1965) war mit Maiorca und Mayol befreundet, hat viel von ihnen gelernt und stieg als erster Apnoist bis 150 m tief. Mit buddhistischen Atemtechniken hat er in allen Tieftauchdisziplinen Weltrekorde aufgestellt, tauchte mit Delphinen und tanzte schwerelos mit Walen.

Willst du noch mehr über diese Helden erfahren?
Wir haben dir ein paar Links zusammengestellt:

www.youtube.com/watch?v=7uOsDZ2u3uI
www.youtube.com/watch?v=Mgm6FZjqwwM
www.youtube.com/watch?v=6mJuAlKFBd0

Tiefgang

Rekordversuch eines Apnoe-Tauchers, Teil 1 – „Es ist Wettkampftag und unser Boot erreicht die Plattform. Das Wetter ist gut, der Schlitten wartet schon. Bevor ich das Meer herausfordere, sehe ich mich um. Das Sicherungsteam. Der Ozean. Der Horizont. Ich konzentriere mich auf meine Atmung, meinen Geist, auf jede Faser meines Körpers. Meine Muskeln entspannen sich, mein Herzschlag kommt zur Ruhe. Körper und Geist sind eins. Ich bin locker und gelöst. Verspüre Frieden mit mir selbst. Und ich freue mich auf das Meer. Lächle. Ich steige auf den Schlitten und schließe die Augen, atme tief ein. Sehr tief. Ein letztes Mal. Dann hebe ich die Hand und der Schlitten senkt sich in die Tiefe, ich oben drauf…“

Rekordversuch eines Apnoe-Tauchers, Teil 2 – „Ein langer Weg liegt vor mir, hinein ins tiefe Blau. Die Sonnenstrahlen verschwinden, das Blau wird intensiver. Bald ist es absolut. Ich kontrolliere den Schlitten, die Bremse, den Abstiegswinkel. Das Tempo nimmt zu. Ich passiere die 30 Meter. Ich fühle mich gut, und mein Körper funktioniert. 50 Meter. Alles bestens. Der Tiefendruck nimmt zu und das Blau wird immer dunkler. Ich fühle mich glücklich, bin eins mit dem Meer. Und rausche weiter in die Tiefe. 60, 70, 80 Meter. Bald bin ich da. Ich konzentriere mich und bleibe entspannt. Um mich herum herrscht absolute Stille. Jetzt kommen die Schmerzen, aber mein Wille ist stark. Endlich, die 100 Meter geschafft. Und doch ist es noch kein Erfolg. Ich muss ja noch zurück…“

Rekordversuch eines Apnoe-Tauchers, Teil 3 – „Das Meer ist dunkel und kalt. Meine Lunge schmerzt. Mein Geist ist hellwach. Ich bin ruhig und locker, hoch konzentriert. Ich würde gern bleiben, weil es so schön hier unten ist. Aber ich muss wieder hinauf. Ich greife das Seil und stoße mich ab, schlage mit den Flossen, gleichmäßig und stark. Der Wasserdruck lässt nach. Das Licht kehrt zurück, die Vorboten des Himmels. Ich möchte wieder atmen, aber bleibe konzentriert. Das Dunkelblau verlässt mich, die Oberfläche naht. Jetzt wird es gefährlich, weil Euphorie mich plötzlich erfüllt. Doch ich muss achtsam bleiben, ruhig bis zum Schluss. Dann stoße ich durch die Oberfläche, zurück in die Welt. Geschafft! Jubel und Sirenen um mich herum. Ich öffne vorsichtig die Lippen und zögere noch eine Sekunde. Dann atme ich ein, ganz langsam. Ich fühle pures Glück.“

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